In den heutigen biblischen Lesungen haben mich einige Aussagen besonders aufhorchen lassen:
In der ersten Lesung heißt es: „Seid immer dazu bereit, denen Rede und Antwort zu stehen, die euch nach eurem Glauben und eurer Hoffnung fragen.“ - Ich frage mich: Kann ich vernünftig verantworten, was ich glaube und warum ich das tue? Das setzt voraus, dass es zunächst für mich selbst klar ist, dass es sinnvoll und vernünftig ist, an Gott und an Jesus zu glauben. Erst dann kann ich es auch anderen plausibel machen.
Da heißt es auch: „Christus, der Herr, soll der Mittelpunkt eures Lebens sein!“ Kann ich das von mir selber sagen? Jesus, Mittelpunkt meines Lebens? Ist er mir schon so vertraut geworden? Das heißt also, dass Jesus für mich ganz bewusst in meinem konkreten, alltäglichen Leben anwesend ist, es beeinflusst, hier eine große Rolle spielt. Ganz bewusst als Christ - verbunden mit Christus - leben, denken, handeln?
In Evangelium sagt Jesus: „Wenn ihr mich liebt, werdet ihr so leben, wie ich es euch gesagt habe. Nur, wer meine Gebote annimmt und danach lebt, liebt mich wirklich.“ - „Liebt einander. Daran sollen andere erkennen, dass ihr meine Freunde seid.“
Hier wird ja klar, dass dieses „Lieben“ an erster Stelle aus Taten besteht, aus einem Handeln und nicht so sehr aus einem Gefühl. Leben und handeln im Sinne von Jesus, so wie er es vorgelebt und gemeint hat, das heißt „ihn lieben“. Aber das setzt wieder voraus, dass ich genügend mit ihm vertraut bin, ihn halbwegs verstehe, mich mit ihm verbunden fühle. Oder wie Jesus es formuliert: „...dass ihr in mir lebt und ich in euch“. Sagt man nicht: „Ich habe dich ins Herz geschlossen“? Habe ich Jesus „ins Herz geschlossen“ ?
Wenn ich all diese Aussagen wirklich auf mich wirken lasse, versuche ganz ehrlich zu überlegen, ob sie für mich zutreffen, dann kommen unwillkürlich gemischte Gefühle in mir auf, vielleicht auch ein Zögern: Sehe ich das so? Erfahre, empfinde ich das so? Und dann muss ich wahrscheinlich ehrlich bekennen: Ich bin immer noch unterwegs, ein Christ, eine Christin zu werden, egal in welchem Alter ich jetzt bin. Vielleicht muss ich mich mehr persönlich mit Jesus auseinandersetzen. Ich meine es vielleicht gut, aber in der Praxis spüre ich, dass mir das alles nur zeitweise und unvollkommen gelingt. Ich versuche es Christ/in zu sein, zu werden, aber ich muss noch viel daran arbeiten.
Aber wir haben einen Trost, eine Ermutigung. Jesus sagt in diesem Evangelium auch: „Ich lasse euch nicht wie hilflose Waisenkinder allein. Ich bin bei euch mit meinem Geist, mit meiner Kraft, die Gottes Kraft ist.“ Ich muss mich also bewusst für ihn öffnen, mich von ihm anstecken lassen, mein Herz von ihm füllen lassen, zulassen, dass sein Geist in mir wirkt. Ihn darum bitten. Dann bin ich gut unterwegs.
Es ist wirklich so, wie eines unserer Lieder es sagt: „Ich bin immer noch, immer noch auf dem Weg und das Ziel bleibt eingeschrieben in mein Herz. Immer noch suchen, immer noch fragen, immer noch einen Aufbruch wagen. Immer noch mit mir selber ringen, immer wieder einmal neu beginnen. Immer noch auf dem Weg.“ Nur so kann Jesus Mittelpunkt meines Lebens sein. So lebe ich in ihm und er in mir. Und dann bin ich auch „immer bereit, denen Rede und Antwort zu stehen, die mich nach meinem Glauben und meiner Hoffnung fragen.“ Warum glaube ich? Warum gehe ich in die Kirche? Warum engagiere ich mich in der Gemeinde?“ - Weil ich Jesus liebe. Weil Gottes Geist, Gottes Kraft sich in mir, in meinen Taten, wirken will.
Das wünsche ich uns allen.